Über den Klettersteig zur Tier­bergli­hütte 2795 m ü. M.

Eigentlich wollten wir heute zur Trifthütte, aber ein einstündiger Stau vor Luzern liess den Zeitplan zusammenbrechen. Also musste es etwas Kürzeres werden. Die Wahl fiel auf die Tierberglihütte, ich weiss ja, wie einfach Tom für Klettersteige zu motivieren ist. Nur die Ausrüstung fehlte noch, aber nach einem Telefonat mit dem Hotel Steingletscher war das auch geritzt.


Der Klettersteig zur Tierberglihütte hat die angenehme Eigenschaft, dass er gleich beim Parkplatz beginnt. Das Abenteuer ist nicht besonders schwierig, aber äusserst abwechslungsreich und eingebettet in einer faszinierenden Umgebung. Die schwierigsten Passagen sind im unteren Bereich, ein paar kurze, überhängende Tritte und Griffe gehen gewaltig in die Arme. Auf der Hälfte kreuzt die Route den Bergweg, wer also genug hat kann hier abbrechen und „normal“ weitersteigen.

Wenn die Hände mal frei sind ... ein Foto des Steingletschers von nebenan
In der Wand: Wenn die Hände mal frei sind … ein schnelles Foto des herabhängenden Steingletschers nebenan

Links und rechts hängen die untersten Eismassen des Steingletschers. Auch wenn das Monster stark zurückgegangen ist, eindrücklich sind die fliessenden Eismassen noch allemal. Nur weil der Gletscher nicht mehr bis zum See herunterreicht, heisst das noch lange nicht, dass er bald ganz verschwunden sein wird. Millionen Tonnen Eis warten weiter oben noch auf ihre Schmelze. Das Gekraxle macht uns viel Spass, wir kommen rasch vorwärts. Leider ist die Kletterpartie für unseren Geschmack schon viel zu früh fertig. Die letzten 200 Höhenmeter folgen wir dem Gratrücken wieder auf zwei Beinen. Wir betrachten fasziniert die ungeheure Eismenge, die sich von Susten-, Gwächten- und Tierberglihorn herunterwälzt.

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Links oben das Sustenhorn

Wir beobachten die Hochtourengänger, die sich wie schwarze Punkte auf weissem Feld bewegen und sich einen Weg vom Sustenhorn zurück durch das Spaltenlabyrinth suchen. Die Besteigung des Sustenhorns ist ja so nicht schwierig, nur sind diese stundenlangen Gletscherwanderungen nicht jedermanns Sache. Mit den Tourenskis müsste das hingegen toll sein, leider bin ich diesbezüglich noch traumatisiert aus meiner Jugend.

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Zuoberst auf den Felsen thront die Tierberglihütte

Nach knapp zwei Stunden Aufstieg erreichen wir die Hütte, die so wunderbar exponiert auf der Felsnase vor dem ewigen Eis steht. Gleich vor der Hütte bekommt man einen Eindruck von der Dicke des Eispanzers, über hundert Meter sollen es sein. Wir machen es uns bequem und lassen uns eine deftige Gemüsesuppe mit Würsten reichen. IMG_0964

Wir beobachten schmunzelnd das Hüttenteam, das sich etwas schwertut mit der Installation der Winterschleuse vor der Türe. Der erste Schnee ist schon im Anzug, auch wenn es an diesem Septembertag noch fast hochsommerlich warm ist. Mit Respekt besinne ich mich auf die Schwierigkeiten, die mir der hartgefrorene Neuschnee beim Hüttenbesuch über die Normalroute vor zwei Jahren bereitete. Der Bergweg zur Hütte liegt an einem Nordhang, der sich immer schwertut, den frühen Neuschnee mit Hilfe der wenigen Stunden Herbstsonne wieder loszuwerden.

Der Abstieg über den Hüttenweg ist steil und landschaftlich abwechslungsreich. Der Weg schlängelt sich zuerst durch Felsen, dann durch offenes Brockengelände. Erst viel weiter unten hat sich das Gras eine bescheidene Existenz erkämpft, noch weiter unten die mickrigsten Bergblumen. Wir sehen auf die gewaltige Südwand des Titlis und den unverwechselbaren Fünffingerstock. Darunter windet sich die kunstvoll angelegte Sustenpasstrasse.

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Titlis (links) und Fünffingerstock, unten der Steinsee. Als ich Kind war, reichte der Gletscher bis ins Wasser

Nach der Vollendung der Doppelschleife (siehe Karte) fahren wir befriedigt zurück zum Hotel Steingletscher und geben die Klettersteigsets wieder ab. Mit einem Bier in der Hand auf der Terrasse stossen wir auf das bewältigte Halb-Tageswerk an und nehmen uns vor, schon bald am nächsten Klettersteig loszulegen.

Tourdatum: 7. September 2013

Kartenausschnitt Tierberglihütte (pdf)

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Die Tierberglitour führt auf den schwarzen Felsbrocken rechts unterhalb des Gwächtenhorns

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