Trittliweg zum Känzeli 1464m ü. M.

Knieschonende Halbtagestouren zum „Einlaufen“ im April – dafür braucht es Sonnenhänge und Bähnchen. Eine reizvolles Beispiel hierfür bietet die Erklimmung des Rigi Känzeli von Weggis aus. Der Weg führt über Weiden, durch (noch) offene, steile Wälder mit viel Tritten und über Leitern. Dazu winkt eine prächtige Aussicht auf den Vierwaldstättersee und den Alpenkranz.


Tom und ich wundern uns zunächst über den leeren Parkplatz bei der Talstation der Rigi-Kaltbad-Bahn. „Wegen Revision geschlossen bis Ende April“ heisst die Erklärung. Hoppla – also kein Luftseilbahnabstieg am Schluss der Tour. Zurück also über Vitznau, das Zügli fährt. Wir nehmen es locker und laufen los. Die ersten paar Hundert Meter führen über Asphalt, aber schon nach wenigen Minuten zweigt ein schmaler Wanderweg in die Südflanken der Rigi ein. Die Rigi? Ja – der Name komme schliesslich der Erzählung nach von „Regina Montium“: Königin der Berge. Wir scherzen, wer lernt denn heute noch Latein ausser wir und unsere Töchter! Wikipedia leitet Rigi übrigens von Riginen ab, ein Name der im 14. Jahrhundert erstmal auftaucht. Die „Regina Montium“ ist ein Marketinggag aus dem 19. Jahrhundert.

image
Bluescht-Stimmung über Weggis

Die erste Bluescht der Obstbäume hebt die Stimmung weiter, auch der tiefblaue See sieht heute zum Anbeissen aus. Nur der Kopfschutz fehlt, wir haben die Wärme an diesem April-Nachmittag naiv unterschätzt. Das salzige Nass läuft in die Augen. Wir müssen auspassen, die Abzweigung bei Tannenberg nicht zu verpassen. Dank der Karte finden wir den Pfad, der von der markierten Route abzweigt. Der Alte Rigiweg ist das Ziel, er ist seit einiger Zeit gesperrt. Die Warntafel kommt erst etwas später.

image
Eigentlich nicht richtig einladend: Das Warnschild

Wir lassen uns nicht abschrecken (jeder Nachahmer bitte auch auf seine eigene Verantwortung!) und steigen in die Trittliroute ein. So lässt sich der steile Durchstieg durch den offenen Wald am besten bezeichnen. Hunderte holzpflockbestückte Tritte helfen die steile Strecke besser zu meistern. Der Pfad ist abwechslungsreich und führt mal entlang von grossen Nagelfluhbrocken, mal um umgefallene Bäume herum. Eigentlich schade, dass diese Route in wenigen Jahren aufgrund der aufgegebenen Pflege wohl kaum mehr begehbar sein wird. Wir haben auf jeden Fall unseren Spass daran, auch wenn uns der Schweiss im giftig steilen Aufstieg in Strömen herunterläuft.

image
Der Charme des Alten Rigiwegs – wie lange noch?

Nach einer guten Stunde Laufzeit erreichen wir die Müseralp, wo flache Felsbrocken und eine Bank zu einer Genusspause einladen. Hoch über dem See, dahinter die noch sehr weissen Berge – was für ein Privileg, anstatt im Büro sitzend hier oben kurz ein paar Emails mit dem iPad zu beantworten….!

image
Von links geht’s über den Geissrücken auf das Känzeli

Die Route führt weiter über den grasigen Grat bis zum sogenannten Geissrücken, wo eine weitere Spezialität dieser abwechslungsreichen Rigibesteigung auf uns wartet. Die letzten gut 200 Höhenmeter zum Känzeli führen teils über Leitern, teils um gewaltige Nagelfluhformationen herum zum Känzeli. Kurz vor dem Ziel erreichen wir die Schneegrenze, die immerhin schon auf 1400m gestiegen ist. Die letzten Meter zum wohl schönsten Aussichtspunkt des Rigimassivs werden dadurch noch etwas anspruchsvoller. Die Überwindung des Restschnees ist in diesem Steilgelände nicht ganz ohne.

image

Auf dem Känzeli angekommen setzen wir uns dankbar auf eine der Bänke und geniessen die aussergewöhnliche Sicht. Das weite Mittelland, das majestätisch gelegene Luzern am Fuss des Pilatus, in der Ferne die Berner Alpen, der mächtige Titlis, die Urner Alpenkorona und die einzigartige Fjordlandschaft des Vierwaldstättersees. Wäre Schiller hier oben gewesen, hätte er die Tellgeschichte wohl noch etwas blumiger erzählt.

image
„Vo Luzern gägge Weggis zue….“ – überwacht vom Pilatus
image
Titlis, Finsteraarhorn, EMJ… bis zur Blüemlisalp…
image
Der Blick zu den Schächentaler Bergen von Schärhorn bis zum grossen Windgällen, davor die „Schwyzer Zinnsoldaten“ des Riemenstaldnertals

Alleine sind wir jetzt nicht mehr. Bähnlitouristen aus aller Welt säumen den breiten Weg nach Rigi Kaltbad. Wir sind zurück in der Zivilisation, aber dafür gibt es ein Glace und ein kaltes Rivella auf der Terrasse des Alpstüblis. Zufrieden vom Halbtagewerk nehmen wir das Zügli nach Vitznau und den Bus zurück nach Weggis, wo der Schlussaufstieg zum Parkplatz gerade noch den „Tausendertag“ (in Höhenmeter ausgedrückt) voll macht.

Tourdatum: 15. April 2015

Kartenausschnitt Weggis-Känzeli (pdf)

Ergänzung vom 7. April 2020:

Der alte Rigiweg ist nun offiziell gesperrt. Grund seien die Burglinde-Schäden (Sturm Dezember 2017) und Hangrutsche. Ich habe es trotzdem – auf eigenes Risiko! – versucht. Es siehe da, der Weg ist immer noch in einem guten Zustand und bleibt ein Leckerbissen. Wenn es sehr trocken ist wie vorgestern, sollte es eigentlich auch nicht zu Erdrutschen kommen. 

Ich bin danach einer anderen, lohnenswerte Route zum Kaltbad gefolgt. Auch das Rothorn war schon fast schneefrei und voller Krokusse. Der sehr empfehlenswerte Abstieg erfolgte entlang der Bänder nach Vitznau. 

1 Kommentar

Schreibe einen Kommentar