Mit Schlangen und Gämsen auf den Wildhuser Schafberg 2378m ü. M.

Im frühen Mai ist die Bergfauna noch fast ungestört. Zu keiner Jahreszeit begegnet man mehr Gämsen, Murmeltieren, Kaninchen… und Schlangen. Die heutige Tour führt uns diese Saison erstmals auf über 2000m: Über die fast schneefreie Südflanke auf den Wildhuser Schafberg, danach knieschonend über Schneefelder surfend und zwischen typischen Alpsteinwänden hindurch wieder hinunter.


Mit dem Seilbähnchen, das fahrplanlos nach Lust und Laune der fröhlichen Wirtefamilie zur Alp Gamplüt fährt, gelangen wir an den Fuss des Schafbergs. Der geplante Direttisma-Aufstieg ist etwas für Freunde des schnellen Steigens, die dafür rasch mit viel Aussicht belohnt werden. Zunächst werden wir mit dem Blick auf die noch weissen Nordseiten der Churfirsten verwöhnt. Bald kommt die Sicht auf das schöne Tälchen mit dem Gräppelensee dazu. Von dort aus erinnern uns die dumpfen Explosionen der fleissig übenden Minenwerfer daran, dass es sich lohnt, unser Land mit allen Mitteln zu schützen.

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Hier geht’s hoch – die Südflanke des Wildhuser Schafbergs
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Schön aufgereiht: die noch verschneiten Churfirsten

Wir sind alleine und werden es die ganze Tour lang bleiben. Die Sonne brennt kräftig auf die steile Südflanke des Schafbergs nieder. Schon nach wenigen Minuten stören wir eine Ringelnatter, die sich mitten auf dem Pfad einem Sonnenbad widmet und nicht mit uns gerechnet hat. Erschreckt – oder  beleidigt? – entschwindet sie ins Gras. Wenig später schaut uns ein Murmeli aus sicherer Distanz zu, dann eine erste Gämse. Sie denken sich wohl beide „Oje, geht das jetzt mit diesen Typen wieder los“.

Der Pfad wird zunehmend schlechter, auch die Markierungen sind verwittert. Bei der Traverse zweier Schneefelder müssen wir uns etwas orientieren, aber grundsätzlich ist die Wegfindung einfach, wir haben den Gipfel immer vor Augen. Mit zunehmender Höhe kommt etwas Wind auf, aber der tut ganz gut, um die nasse Stirn zu trocken.

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Seelandschaften vom Gräppelensee zum Zürichsee

Kurz vor dem Vorgipfel erreichen wir den Grat, der Einblick in unsere spätere Abstiegsroute bietet, wo noch tiefer Winter herrscht. Wenig später erklimmen wir den Vorgipfel mit seinem speziellen Blechfähnchen. Ein kurzer, stahlseilgesicherter Abstieg bringt uns auf den schmalen Gipfelgrat. Das Panorama ist überwältigend. Der Säntis und der Altmann begrüssen uns als nur wenig höhere Nachbarn. Der Fernblick reicht vom Bodensee zum Berninamassiv bis hin zu den Berner Alpen und zum Jura. In der Ferne glitzert der Zürichsee. Aber auch die erwartete Regenfront ist vom Westen her im Anzug. Sie mahnt uns, nicht zu lange oben zu bleiben.

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Der noch winterliche Säntis, dahinter der Bodensee

Der Abstieg ist ein weiterer Höhepunkt. Wir tauchen zuerst mit etwas Respekt vor der Steilheit in das sonnenärmere, gegen Osten gerichtete Tälchen ein. Der Schnee ist aber so weich, dass die Steigeisen im Rücksack bleiben können. Mit etwas Suchen findet Walter, der das Tal von der Besteigung des Nädligers im letzten Herbst noch gut kennt, den richtigen Weg um die Felsbänder herum. Fast 400 Höhenmeter vernichten wir so, stapfend und surfend durch den Schnee.

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Knieschonend Abtauchen durch den tiefen Schnee mit sicherem Abstand….
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Faszination Alpstein – einer von hundert Eindrücken

So erreichen wir, wie aus der Wildnis kommend, die grünende Alp Schafboden von oben. Damit hat nun eine Rudel von rund 40 Gämsen gar nicht gerechnet. Trotz unserer freundlichen Zurufe lassen sie vom friedlichen Grasen ab und ziehen sich auf die Schneefelder zurück – ein schönes Bild. Die Murmeli zögern schon etwas länger, ob sie die frischergrünten Wiesen nun verlassen sollen oder nicht, verziehen sich dann aber auch auch.

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Das vor uns geflüchtete Gämsrudel im Schnee

Wir steigen nun über eine steile Rampe auf die verlassene Teselalp ab und erschrecken dabei nochmals eine sonnenbadende Ringelnatter, die sich partout nicht fotografieren lassen will. Dann kommen wir zum Fahrsträsschen, das uns im leichten Auf und Ab zur Alp Gamplüt zurückführt. Das gemütliche Auslaufen durch den herrlich duftenden Wald und über die weiten Alpen mit ihren vielen gelben Blümchen ist der krönende Abschluss der Tour.

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Die friedliche Teselalp mit den Kreuzbergen im Hintergrund
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Kann Wandern im Frühling schöner sein?

Auf der Alp Gamplüt wartet das feine, natürtrübe St. Johann-Bier auf uns. Begleitet von einem Schüblig mit Kartoffelsalat wird so der Tag auch beizlitechnisch gekrönt. Auf dem Heimweg nach Zürich über den Ricken prasselt der Regen auf uns nieder.

Tourdatum: 8. Mai 2015

Kartenausschnitt Wildhuser Schafberg (pdf)

Kartenausschnitt interaktiv

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