Die Faszination einer Säntis-Runde 2502 m ü. M.

Dies ist die erste von mehreren Alpstein-Geschichten, die noch folgen werden. Seit Jahrzehnte fasziniert mich dieses einzigartige Massiv. Der Appenzeller Professor Hans Heierli hat mir auf seinen geologischen Exkursionen so viel Wissen und Begeisterung mitgegeben, dass Auge und Geist auf jeder Tour gleichermassen verwöhnt werden.


Heute lassen Walter, Chris und ich uns mit der Gondel von Wasserauen auf die Ebenalp heben. Wir wollen den Säntis über seinen langen Nordostgrat erklimmen. Anschliessend soll sich der Kreis via Lisengrat, Rotsteinpass und Meglisalp wieder schliessen.

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Die Faszination der Gesteinsschichten des Alpsteins. Ganz hinten der Säntis.

Das föhnige Wetter lässt uns trotz des fortgeschrittenen Septembers im T-Shirt laufen. Der breite Wanderweg steigt vorerst gemütlich in Richtung des Schäflers an. Nach Norden reicht der Blick über das Appenzellerland zum Bodensee, südlich bestaunen wir von oben die Fjordlandschaft des Seealpsee-Tals.

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Teufelshörnchen? Dahinten der Schäfler

Schon beim Schäfler wird erstmals eingekehrt. Es ist schlichtwegs nicht möglich diese geselligen Appenzeller Beizli links liegen zu lassen. Nach der Stärkung durch einen feinen Nussgipfel und Kaffee ziehen wir weiter, die Route wird jetzt alpin und der Weg schmal. Man verliert zunächst etwas an Höhe um dann von Süden den Lötzlialpsattel zu erreichen. Die formschönen Felsformationen um uns herum sind faszinierend, besonders tun es mir die Altenalptürme (siehe Beitragsbild) an.

Nun wechselt der Weg auf die Nordseite, wir passieren das steinige Öhrli und erreichen die felsige Gratlandschaft des Höchnideri, die etwas Vorsicht erfordert. Erneut ändern sich die Bergeindrücke total.

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Über dieses Band gelangt man von der Nord- auf die Südseite des Grats.
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Die nächste Etappe führt durch zerfurchtes Gelände an den Fuss des Säntis

Mit dem Säntis vor Augen passieren wir die mit riesigen Felsspalten und Höhlen durchsetzte Rossegg und halten auf die kümmerlichen Resten des Blauschnees zu. Vor dem Schlussanstieg verlasse ich den Pfad, es kribbelt in meinen Fingern. Der feinsegmentierte Fels ist so griffig, dass eine kurze „Direttisima“ zum Grat zum reinsten Kraxelgenuss wird. Über das abenteuerliche Himmelsleiterli erreichen wir schliesslich den Gipfel bzw. den Stollen, der in diesen hässlichen Betonbau führt.

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Die Himmelsleiter. Am Wochenende akut staugefährdet

In der Säntisüberbauung kommt man sich zuweilen wie im Glattzentrum vor, aber das Gipfelrestaurant ist gut. Die Appenzeller Spezialitäten munden. Wir bleiben dennoch nicht lange, zu sehr sehnen wir uns nach der Bergruhe zurück. Sie kommt keine fünf Minuten später – auf dem ausgesetzten, aber gut gesicherten Lisengratpfad sind wir wieder fast alleine.

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Das alte Berghaus ist schon etwas hübscher als der Gipfelklotz…

Die Wegstrecke zum Rotsteinpass bietet spannende Tiefblicke, einerseits ins Toggenburg, andererseits zum winzigen „Gross Schnee“, auf dem in meiner Kindheit noch ein kleiner Sommer-Skilift betrieben wurde. Die Lisengrat-Passage ist nervenkitzlig und abwechslungsreich, der Pfad kunstvoll angelegt, so richtig „Swiss Quality“. Er endet auf dem Rotsteinpass, wo natürlich wieder eine Beiz steht…

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Impressionen vom Lisengrat
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Kann man Wege kunstvoller anlegen?

Jetzt beginnt die Schwerarbeit für unsere Knie. Unaufhörlich schwinden die Höhenmeter, zuerst zur Meglisalp hinunter. Chris meint, er hätte besser die Bahn hinunter genommen, aber fügt sich dann seinem zunehmend schmerzhaften Schicksal. Nach der langen Traverse hoch über dem Seealpsee (aufregende Tiefblicke!) folgt der steile Schlussabstieg durch das Hüttentobel, wo die Bremsen nochmals richtig heisslaufen. Zurück in Wasserauen – und 1700 Höhenmeter tiefer – freuen wir uns über das kühle Bier. Freude macht auch die fast halbleere Appenzellerbahn, wo wir unsere müden Beine und die schlottrigen Knie nach dem langen Tag hochlagern können.

Tourdatum: 19. September 2014

Kartenausschnitt Ebenalp-Säntis-Lisengrat (pdf)

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Ein Bijou in karger Umgebung – die Meglisalp

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