Spazieren durch die Greina 2355m ü. M.

Von der Tessiner Seite (Pian Geirett) kommen wir dank dem Wanderbus zu einer „billigen“ Greina-Runde. Keine 400Hm sind zu bewältigen, um über den Greinapass in das weitgerühmte Hochtal zu gelangen. Bis zur Capanna Motterascio spazieren wir gesellig über die ausladenden Weiden, danach tauchen wir durch das Valle di Garzora zum Luzzone-Stausee ab. Eine Genusswanderung. 

Die Transversale braucht mehr Zeit als ich gedacht habe. Nicht aus konditionellen Gründen, sondern weil das Erkunden der mir bisher wenig bekannten Gegenden laufend neue Wanderideen generiert. So will ich heute die Greina-Ebene nicht auslassen, bevor die Reise nach Westen fortgesetzt wird. Hans meinte zwar vorweg, das lohne sich nicht. Ich widerspreche.

Nach der etwas abenteuerlichen Fahrt über ein schmales Alpsträsschen stoppt der Bus kurz vor neun Uhr auf einer planierten Ebene namens Pian Geirett. Der Chauffeur entlässt uns, zusammen mit nur zwei anderen Fahrgästen, auf fast 2000m Höhe in einer rauhen Gegend. Es ist bewölkt, und die Südflanken des Piz Medels machen nicht gerade einen einladenden Eindruck. Dafür ist der Blick zurück ins Val Camadra reizvoll. Besonders der Sosto, der freistehende Hausberg von Olivone, fasziniert.

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Pian Geirett und der Blick zurück nach Campo Blenio und zum Sosto

Wir erklimmen den Pass, wobei uns laufend Volk entgegenkommt. Die Hütten der Greina „entleeren“ sich, drei gibt es davon (Terri, Scaletta, Motterascio). Am Wochenenden muss es ziemlich crowdy sein. Wir passieren die Scaletta-Hütte und stehen eine knappe Stunde nach Wanderbeginn auf der Passhöhe: schon fertig gestiegen für heute. Pause, T-Shirt-Wechsel, erste Fotos der Ebene, die hier allerdings noch keine ist. Mitten im Tal stehen nämlich eindrückliche Felsformationen, eben wird es erst viel weiter unten, wo sich drei Täler vereinigen. Das Wetter wird besser, bald herrscht purer Sonnenschein.

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Blick vom Greinapass ins Hochtal mit seinen Felsformationen
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Ein versteinertes Riesenkrokodil?

Mir gefällts, auch wenn es wenig spektakulär ist, da hat Hans recht. Aber für heute kommen mir die friedliche Weite, das im Wind wogende Wollgras, die spiegelnden Seelein und die weidenden Kühe gerade recht. So bleibt das gestrige alpine Spektakel am Soredapass als schöner Gegensatz in Erinnerung. Der Piz Terri vor meinen Augen gräbt sich hingegen in mein Gedächtnis ein, er kommt auf die ToDo-Liste. Er scheint vergleichsweise einfach zu besteigen (T4), ist aber für heute kein Thema.

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Wollgras ohne Ende
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Die Greina-Ebene, dahinter der Piz Terri
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Greina-Stilleben

Auf der Wasserscheide, mitten auf der Ebene, betreten wir wieder Tessiner Boden. Chris zeigt auf ein paar Steinböcke, doch sie sind zu weit weg, um fotografiert zu werden. Auf dem sanften Abstieg zur Motterascio-Hütte passieren wir ein Meer von Steinmännchen. Ich gehe davon aus, dass dies ein Resultat der vielen Schulklassen ist, die über die Ebene geschleust werden. Aber es sieht gut aus.

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Eine Weideparadies für Kühe
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Der Steinmännchen-Wald. Im Hintergrund das Gipfelziel von gestern, der Piz Cassinello (links vom kleinen Gletscher)

In der modernen Motterascio-Hütte verschlingen wir einen (Riesen-) Teller Pasta und schauen dabei auf den reizvollen Lago di Luzzone hinunter, den wir heute durch das Val di Garzora erreichen werden. Wir wechseln ein paar Worte mit dem Hüttenteam, dem die Anstrengung des dauerschönen Sommers mit täglich vollen Hütten anzumerken ist. Ein paar Regentage wären wohl ein Segen.

Mit vollem Magen machen wir uns an den Abstieg und staunen bald über schwere Baumaschinen auf der Alpweide. Zwei braungebrannte Typen in orange Overalls arbeiten an den letzten Metern einer exzessiven Wegverbreiterung. „Für die Kühe“, meinen sie. Der Berg sieht ziemlich drangsaliert aus mit all den aufgefrässten Böden und dem vielen Schutt. Dafür läuft es sich ganz easy bergabwärts, und die Bauwirtschaft muss ja auch etwas zu tun haben. Eine Million koste das Projekt, lesen wir weiter unten auf einer Infotafel.

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Die neu angelegte Autobahn. Ich hoffe, die Wunden heilen wieder…

Wir nähern uns dem Talboden und tauchen in einen wunderbar duftenden Lärchenwald ein. Nach der Passage der hübschen Hängebrücke folgen wir der Schlucht, die schliesslich im Stausee mündet. Für mich das landschaftlich reizvollste Teilstück von heute. Darauf folgt ein schönes Auslaufen entlang des Sees. Beim Wasserfall, den wir schon gestern gesehen haben, steigen wir zum See hinunter und lassen für eine Weile unsere Füsse und die Seele baumeln.

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Der See staut bis in die Schlucht zurück. Schön.
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Chillen nach drei wunderbaren Wandertagen

Wenig später holt uns das Alpentaxi am Ausgang des Tunnels ab. Wir verabschieden uns zum zweiten Mal innert 24 Stunden vom schönen Lago di Luzzone. Und ja, bevor ich es vergesse: Piz Terri – ich komme wieder!

Tourdatum: 29. August 2018

Kartenausschnitt Greina (pdf)

Interaktiver Kartenausschnitt mit Höhenprofil und Zeitangaben

2 Kommentare

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