Opium für Schneeschuhläufer 1662m ü. M.

Der Alpstein ist ein Traum im Sommer und im Winter. Heute schneewandere ich von der Schwägalp zum Kronberg und wieder zurück. Der viele frische Schnee hat die friedvolle Landschaft verzaubert und die wichtigste Kulisse – die Nordwand des Säntis – komplett verpappt. Die strenge Kälte lässt das Weiss unter den Schneeschuhen knirschen. Ein unverschämt schönes Erlebnis – Opium für Schneeschuhläufer!

Es beginnt mit einem Blind Date mit Sevi. Der Bergbegeisterte kontaktierte mich vor einiger Zeit via Blog, und so treffen wir uns heute zu einer ersten gemeinsamen Tour. Sie startet im eindrücklichen Lawinenkegel vor dem neuen Hotel auf der Schwägalp. Die Mauern der Gassen im Schnee überragen unsere Köpfe bei weitem. Wir schnallen unsere Schneeschuhe an und laufen uns warm. Es ist zweistellig kalt, aber windstill. Die hohe Säntiswand wird die Sonne noch bis zum Nachmittag von der Schwägalp fernhalten.

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Es ist kalt…
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… und es liegt viel Schnee

Wir wählen eine Direktroute und lassen die Siebenhütten rechts liegen. Durch die Bäume und über die Alp peilen wir im sanften Auf und Ab direkt die Chammhaldenhütte an. Auch wenn die Orientierung einfach ist, sind wir doch froh um die lilamarkierten Pfosten, die die Richtung anzeigen. Denn wir müssen neu spuren, 5 cm Neuschnee haben einen kristallinen Teppich über die Spuren der Zivilisation gelegt.

Im Bruggerwald ragen die Markierpfosten nur noch wenige Zentimeter aus dem Schnee heraus. Wie steif gefrorene Gendarme schauen uns die hochgewachsenen Tannen zu, wie wir zwischen ihren Stämmen hindurch waten. Fast etwas unheimlich. Ich schmunzle, als ich an die Wanderung in der Gegenrichtung im Frühling 2015 zurückdenke, als es hier nach dem eisigen Winter wieder munter zu spriessen begann. Am Ende des Waldes begrüsst uns die Sonne. Herrlich!

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Eiswald

Wir ziehen eine erste Schicht Kleider aus, denn nun steigt die Route an. Unterwegs statten wir dem reizvoll gelegenen Schutzenalphüttli einen kurzen Besuch ab, bevor wir die steilen 200 Hm am Landälpli vorbei zum Gratrücken unter die Füsse nehmen. Die Sonne scheint nun – entgegen dem Wetterbericht – wunderbar, aber ein kalter Wind gibt Gegensteuer. Die Schweissperle auf meiner Augenbraue gefriert.

Vom sanften Gratrücken, der eine wunderbare Sicht ins Toggenburg und ins Appenzell bietet, zum Kronberg ist es nun nicht mehr weit. Vorerst verleitet uns das kleine Hüttli bei Punkt 1575 zu einem ausgedehnten Bänklistopp. Wir setzen uns zu Franziska und haben uns alle viel zu erzählen. Dann zwingt die Kälte zum Weitergehen, die Konversation wird wenig später bei Siedwurst und Chäshörnli im Bergrestaurant fortgesetzt. Die kalten Finger prickeln noch, wärmen aber schnell auf.

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Beim Langälpli
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Der Gratrücken bei Pt. 1575
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Der Blick zurück vom Kronberg zum Säntis und zur Schwägalp

Sevi nimmt nach dem Zmittag die Bahn hinunter, wir verabschieden uns wie alte Freunde. Ich entschliesse mich, zur Schwägalp zurückzulaufen. Die Sonne bescheint nun die ganze Route, insbesondere das Waldstück wird dadurch noch reizvoller. Die Stars des Tages bleiben die weissen Wände des Alpsteins, ich kann mich nicht sattsehen. Als dann nach 15 Uhr auch noch Sonnenstrahlen über die vereisten Flanken gleiten, ist meine Begeisterung nicht mehr in Worte zu fassen.

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Ohne Worte
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Im Bruggerwald
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Einfach hinreissend! (Bei der Chammhaldenhütte)

Fazit: Eine leichte, markierte Schneeschuh-Tour, die an den Wochenenden stark frequentiert wird. Heute waren wir fast alleine. Was für ein Privileg!

Tourdatum: 25. Januar 2019

Kartenausschnitt Schwägalp-Kronberg (pdf)

Kartenauschnitt mit Höhenprofil

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Auf der Rückfahrt musste ich nochmals anhalten um dieses Foto zu schiessen…

6 Kommentare

  1. Einmal mehr eine Gratulation zu den Tournotizen von Edwin. Diese Tour kenne ich sehr gut. Das Gleiten wie von Edwin ist schön, offenbar trotz der grossen Schneedicke gute Schneeschuhtourverhältnisse. Auch schon war ich mit den Schneeschuhen arg eingesunken, so wurde aus einer leichten Wanderung eine echte Konditionstour und am Kronberg hatte die Bahn wegen Sturm den Betrieb eingestellt.
    Bei der Chammhaldenhütte (auch mit guten Erinnerung an Übernachtungen anlässlich von Kursen) ist die Kantonsgrenze AR/AI. Das war einmal (in diesem Jahrtausend) wichtig wegen einem Polizeieinsatz..

  2. Lieber Edwin
    Du machst wirklich immer sehr schöne Berichte von Deinen Touren. Gut beschrieben, schön bebildert. Oft sind es für mich bekannte Routen oder Gebiete. Ich freue mich immer auf Deine Dokumentationen.
    Beste Grüsse
    Christian

    • Lieber Christian – vielen Dank und: Tipps für neue Touren nehme ich jederzeit entgegen! Herzlichst, Edwin

  3. Herzlichen Dank für diesen wunderschönen Bericht. Heimweh kommt auf bei solchen Bildern.
    Wir haben zur Zeit in Nordontario Minustemperaturen von über -30°C, viel Schnee und ebenfalls Sonnenschein. Märchenhaft, aber es fehlen halt die Berge.
    Liebe Grüsse
    Anita

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