Erste Krokusse am Chasseral

Der Frühling ist da! Das lädt dazu ein, wieder einmal an der Jura-Transversale zu arbeiten. Heute steige ich von Nods auf den menschenleeren Chasseral, „arbeite“ mich dann (es hat noch etwas Schnee) über den Grat nach Südwesten und genusswandere anschliessend über die einsamen Weiden eines überbreiten Bergrückens nach Chaumont, hoch über Neuchâtel. Herrlich die Frühlingsgefühle! – auch wenn die Natur noch winterblass ist und die Bise die Fernsicht auf die Alpenkette vernebelt.

Der blaue Himmel am frühen Morgen liess mich kurz zögern – doch lieber nochmals mit den Tourenski ins Liderengebiet wie am letzten Dienstag? – oder es erstmals in diesem Jahr mit den Trekkingschuhen bis auf 1600m wagen? Die Lust auf „grün“ obsiegte, und so steige ich leicht bepackt in den IC 5 zum Bielersee, wechsle in Ligerz auf die Drahtseilbahn durch die Rebberge und entsteige wenig später im verschlafenen Nods am Südfuss des Chasseral aus dem Postauto.

Die Fenster des FUNI in Ligerz haben einen speziellen Filter… im Bild die St. Petersinsel und spriessende Rebberge

An der Talstation des verwaisten Skilifts beginnt der Wanderweg, wenig später tauche ich in den Wald ein. Ich halte kurz inne, atme tief durch und schmunzle – es war der richtige Entscheid für heute! Der Pfad führt mich sanft steigend die ersten 600 Höhenmeter bis zur Waldgrenze hoch. Schnee gibt es auf dieser besonnten Südseite kaum mehr, und bald lachen mich die ersten Krokusse an. Davon gibt es dann den ganz Tag über ganz viele, diese Frühlingsboten geniessen denn auch meine ganze Sympathie. Sonst ist die Natur noch weitgehend im Winterschlaf.

Am Fuss des Chasseral erinnert nur noch die Hardware an den Winter
Sanfter Aufstieg durch den offenen Wald
Frühlingsgrüsse

Über eine kahle Wiese die letzten 100 Höhenmeter hochsteigend erreiche ich bald den Chasseralgrat – der riesige Parkplatz des Hotels ist leer. Ich meine den erhofften Kaffee schon abschreiben zu müssen, da ruft mich die Wirtin aus dem Fenster zu, ob ich nicht hineinkommen will. Natürlich will ich das! Und die frische Aprikosenwähe nehme ich auch gerne.

Ungewohnt menschenleer…
Blick hinunter zur Combe Grède (lohnenswert!) und zu den verstreuten Windrädern auf der zweiten Jurakette

Gestärkt und aufgewärmt – die Bise ist hier oben doch noch ziemlich frisch – setze ich kurz darauf die Tour fort. Es beginnt mit angenehmem Gratsurfen in Richtung Südwesten. Bis zum Pass hinunter geht das trockenen Fusses, aber dann grüsst der Winter… das Teilstück über den Chuffort bis Punkt 1480 verlangt Konzentration und ist heute etwas anspruchsvoll. Einerseits, weil hier das einzige alpine Teilstück des Tages zu bewältigen ist. Der Pfad ist schmal, steinig und windet sich um knorrige Bäumchen. Andererseits aber vor allem, weil die Schneedecke mit tückischen Löchern aufwartet. Ich lasse Vorsicht walten, auch die Orientierung ist nicht ganz einfach. Aber das macht natürlich auch Spass und die wilde Szenerie ist eindrücklich. Bei Punkt 1480 pausiere ich, das Werk ist getan.

Gratsurfen – das Ziel Chaumont ist ganz vorne links über dem Neuenburgersee
Die Passtrasse hinunter nach St. Imier ist noch zu
Die Bise beschränkte die Sicht auf die drei Seen… (Bieler-, Murten-, Neuenburgersee)
Punkt 1480

Jetzt wird der Grat nämlich zu einem begrasten Rücken voller Krokusse, bald passiere ich die (noch) verlassene Métairie de l’Isle und aus dem Pfad wird ein weicher, angenehm zu gehender Grasweg, der zu einer ganzen Reihe weiterer Métairies (Alpwirtschaften) hinunterführt.

Métairie de L’Isle
Kapriolen der Natur

Zugegeben, danach gibt es weniger Abwechslung, die Fortsetzung der Wanderung von „Le Dame“ über den langen Bergrücken bis zur Funiculaire in Chaumont ist nun praktisch flach, waldig und wenig spektakulär.

Meine Aufmerksamkeit richtet sich deshalb auf witzige Details und die Bauweise der kleinen Siedlungen. Auch freue ich mich mit den Pferden, Ziegen und Kühen über die Sonne, und sie wohl auch über das erste (noch wenig spriessende) frische Gras. Als ich dann doch noch einem Menschen begegne – es waren keine Handvoll bis jetzt – versuche ich es mit etwas Französisch. Das will auch aufgefrischt sein. Doch ich traf auf einen Deutschschweizer, wie wir beide lachend bald merkten…

Erinnerung an grüne Fahrstunden…
Mangels Fernsicht treffe ich Figuren mit Weitsicht

Kurz vor 15.00 Uhr später stehe ich vor der Funiculaire in Chaumont, die steil nach Neuchâtel hinunterführt. Nur heute nicht… ein Kleinbus übernimmt den Service aufgrund von Wartungsarbeiten an der Bahn. Schade – aber effizient – denn dieser lädt mich keine 10 Minuten später und 600 Meter tiefer direkt am Bahnhof Neuchâtel aus.

Das hübsche Bahngebäude in Chaumont

Fazit: Der Chasseral ist immer eine Reise wert. Noch schöner ist es aber, wenn in einem Monat die Narzissen blühen…

Tourdatum: 25. März 2022

Interaktiver Kartenausschnitt mit Höhenprofil und Zeitangaben

3 Kommentare

  1. Eindrücklicher Bericht und tolle Bilder Deiner Jura Wanderung. Chasseral ist ja nicht zu weit weg von Grenchen.
    Freue mich schon auf den nächsten Bericht der 2022 Wanderungen. Danke!

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