Der Grenzstein im Westen

Der westlichste Schweizer Alpengipfel ist ein überdimensionierter Grenzstein auf einem schmalen Grat. Der Dent du Lan bietet eine wunderbare Sicht auf den Genfersee und die Unterwalliser und Savoier Alpen. Das zweite Tagesziel, die Cornettes de Bise, sträubt sich hingegen mit viel Schnee gegen unseren Besuch. Aber die Alternativroute über den Lac de Tanay befriedigt dann auch.

Heute beginne ich den zweiten Teil der Ost-West-Transversale. Allerdings nicht in Binn, wo ich 2018 stoppte, sondern am Genfersee. Der viele Schnee zwang und zwingt zum Umplanen. Auch während der nächsten 5 Tage. Chris und ich übernachten im Hotel La Lagune in Bouverat, dem Yachthafen der Walliser. Am frühen Morgen gesellt sich Bettina zu uns, dann lassen wir uns über St. Gingolph hinauf ins französische Novel fahren. Im Weiler La Planche auf 1200m strecken wir unsere Glieder und crèmen uns ein – vor uns liegt ein Talabschluss auf 2000m, unter uns der Genfersee auf 400m. Ein französischer Fernwanderer hat ganz unten begonnen, wir tauschen ein paar Worte aus, dann zieht er mit Ziel Nizza weiter…

Los geht’s…

Wir lassen es gemütlich angehen, der 5-Tage-Rucksack ist schwer, und um 9.00 Uhr ist es am ersten Tag dieser Hitzewoche schon ordentlich warm. Es grünt und blümt, die Bäume werfen kühlenden Schatten, der Pfad steigt zügig aber angenehm. Bald erreichen wir die Alp Chalets Neuteu, ein Kleinod auf der obersten Talstufe. Wir plaudern und geniessen, wenig später stehen wir auf dem Col de Bise und erblicken die Alpenkette – dominiert vom mächtigen Mont Blanc.

Chalets Neuteu
Mont Blanc in Sicht

Vom Pass führt ein schmaler Grasgrat im eher Auf als Ab zur Schweizer Grenze. Aus der Distanz wirkt er ausgesetzt, aber der solide Pfad bietet keine Schwierigkeiten. Dann sehen wir ihn: den Dent du Lan, der westlichste Alpengipfel (2087m) der Schweiz. Er wird seinem Namen („Zahn“) gerecht, so prägnant ragt er aus dem Grün heraus. Ein schöner Moment, genau vor einem Jahr stand ich auf seinem Pendant im Osten. Die Umgehung des überdimensionierten Grenzsteins erweist sich als kleine Knacknuss. Es ist nicht gleich offensichtlich, wie wir in die Schweiz gelangen können. Hinweis: Einer absteigenden Spur ca. 10Hm nach unten folgen, dann kommt es gut.

Gratsurfen – im Hintergrund die Cornettes de Bise
Dent du Lan – der Grenzgendarm
Alp de Loz vom Col d’Ugeon gesehen. Im Hintergrund Diablerets und Berner Alpen

Nach dem Col d’Ugeon betreten wir ein weites Talende mit einladenden Weiden und betrachten die Mauern der Cornettes de Bise. Die Nordhänge sind noch ordentlich weiss, und mir ahnt, dass eine Planänderung wahrscheinlich wird. Mein Optimismus auf Besserung schwindet beim Eintritt in die Flanke zum Westgrat – Schnee ohne Ende, insbesondere an den heiklen, exponierten Stellen mit über 30% Hangneigung. Steigeisen Hin oder Her, bei dieser Wärme ist Umkehr angesagt! Bettina ist erleichtert ob meinem Entscheid, Chris erst später, Männer eben.

Bald geht es nicht mehr weiter…

Wir steigen weglos durch die herrlich blühenden Weiden zur Alp Loz ab und motivieren uns für den Besuch des Lac de Taney, ein Geheimtipp der Unterwalliser. Tatsächlich versprüht der hinter einem Felsturm (Le Tâche)gelegene Bergsee viel Romantik. Kleine Ferienhäuschen und zwei Beizli tun das ihre dazu.

Der idyllische Lac de Taney

Wir konsumieren etwas, chillen eine halbe Stunde am Seeufer und steigen dann steil nach Miex ab, wo fünf Minuten nach unserem Eintreffen das Poschti seine Aufwartung macht.

Tourdatum: 24. Juni

Interaktiver Kartenausschnitt mit Höhenprofil und Zeitangaben

5 Kommentare

  1. Lieber Edwin
    Weiterhin vielen herzlichen Dank für Deine regelmässigen Tourenbeschriebe mit den schönen Fotos. Deine Touren geben immer wieder gute Ideen für meine eigenen Wanderunge. Am vergangenen Samstag bin ich auf Deinen Spuren oberhalb Engelberg von der Rugghubehütte über die Rotwandleiter auf den Wissberg gelaufen. Ohne Deinen Beschrieb hätte ich diese Tour weder geplant, noch wäre ich auf die Idee gekommen, dass es dort an der kritischen Stelle eine Leiter hätte. Es war eine schöne Tour, die sich, vermutlich wohltuend, unterschieden hat von Deiner damaligen Tour, da die vielen Geröllfelder alle voll Schnee waren, auf welchem man perfekt laufen konnte.
    Herzliche Grüsse
    Christian Rahn

    • Lieber Christian – wir gehen jetzt dann einmal zusammen. Es kann gerne einmal schnell, ohne Beizli und Pause ablaufen – ganz so wie Du es liebst. Du merkst sicher, mit wem ich gestern Abend gesprochen habe…Herzlichst, Edwin

  2. Pingback: Edwin wandert

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